Steuernachforderungen oder -erstattungen, die sich aus der Festsetzung von Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz- oder Gewerbesteuer ergeben, sind per Gesetz zu verzinsen. 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, beginnt der Zinslauf. Für nachzuzahlende oder zu erstattende Steuer betragen die Zinsen für jeden vollen Monat 0,5 %, im Jahr demnach also 6 %.

Die Verzinsung ist unabhängig von einem Verschulden des Finanzamts oder des Steuerpflichtigen. Die Regelung soll einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Liquiditätsvorteile, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides entstanden sind, sollen durch die Vollverzinsung ausgeglichen werden.

Nun zweifelt der Bundesfinanzhof (BFH) an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab 2015. Mit Beschluss vom 25.04.2018 gewährte er aus diesem Grund die Aussetzung der Vollziehung. Nach seiner Auffassung bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Da sich inzwischen ein niedriges Marktzinsniveau nachhaltig verfestigt hat, überschreitet der gesetzlich festgelegte Zinssatz den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität enorm.

Eine sachliche Rechtfertigung für die gesetzliche Zinshöhe besteht bei der gebotenen Prüfung nicht. Die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe wirkt in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Die Kritik des BFH gilt auch dem Gesetzgeber. Dieser muss prüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung des in der Abgabenordnung (AO) geregelten Zinssatzes auch bei dauerhafter Verfestigung des Niedrigzinsniveaus aufrechtzuerhalten ist oder die Zinshöhe angepasst werden muss. Bisher ist dies jedoch noch nicht passiert.